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Steuerruecklage

Steuerrücklage für die Einkommensteuer richtig berechnen und bilden!

Dieses Thema beschäftigt viele meiner Mandanten und damit auch mich in letzter Zeit wieder sehr intensiv. In der Coronakrise zeigten die Finanzbehörden großes Entgegenkommen. Sie haben steuerliche Schulden zinslos gestundet und Vorauszahlungen ohne größere Ausführungen auf  
0 € herabgesetzt. Leider ist die steuerliche Rücklagenbildung bei vielen Selbständigen dadurch in Vergessenheit geraten. Das Problem ist nur: die Steuerzahlungen kommen auf jeden Fall. Deshalb ist es nun wieder höchste Zeit, in die steuerlichen Belange Ordnung zu bringen. Ich lege dir ans Herz einen ganz wichtigen Grundsatz für beruflichen Erfolg wieder strikt zu befolgen:

Bilde in dem Jahr die steuerliche Rücklage, in dem du das Einkommen erzielst!

Bilde also aus jedem Euro an Einnahmen gleich eine steuerliche Rücklage auf einem gesonderten Unterkonto.

Die Frage ist nur wie? In welcher Höhe ist die Steuerrücklage zu bilden? Dabei spreche ich hier nur von der Einkommensteuer und werde für die Umsatzsteuer einen gesonderten Artikel verfassen. Das Problem an der sachgerechten Bildung einer Steuerrücklage ist, dass sich die Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen berechnet und das ist immer so kompliziert zu ermitteln. So bist du schnell dazu verleitet, lieber keine richtige Steuerrücklage zu bilden, weil das eh zu kompliziert. Es wird irgendwie ein bisschen was zurückgelegt, was selten ausreicht. Außerdem besteht immer eine Unsicherheit, ob es reichen wird. Ich möchte dir hier ein Verfahren vorstellen, das dem Prinzip

keep it short and simple

entspricht. Dann besteht auch eine echte Chance, dass du die Rücklagenbildung wirklich durchziehst.

Relativ gleichbleibendes Einkommen?

Wenn du in der Regel ein relativ gleichbleibendes Einkommen erzielst, weil du beispielsweise fast ausschließlich Musikunterricht an eine bestimmte Anzahl von Schüler erteilst oder immer gegenüber den gleichen Auftraggebern tätig wirst, dann ist die Bildung der Steuerrücklage relativ einfach. Du greifst auf den Steuerbescheid des Vorjahres zurück, teilst die dort festgesetzte Steuerschuld durch zwölf und schon hast du den Betrag, den du monatlich deiner Steuerrücklage zuführen musst. Diesen Betrag transferierst du am 15. jeden Monats auf ein Unterkonto, das nur für Steuerzahlungen verwendet wird. Alle drei Monate (am 10.3., 10.6., 10.9. und 10.12. eines Jahres) ist die Steuervorauszahlung fällig. Rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt transferierst du die Steuervorauszahlung vom Unterkonto auf das laufende Girokonto und lässt von dort die Einkommensteuervorauszahlung abbuchen.

Leider kommt es nur sehr selten vor, dass Selbständige ein gleichbleibendes Einkommen erzielen. Der Normalfall ist, dass die Aufträge von Selbständigen schwanken und damit auch die Steuerschuld.

Schwankendes Einkommen?

Bilde die Steuerrücklage auf Basis der Einnahmen

Naturgemäß wird diese Form der Rücklagenbildung die tatsächliche Steuerschuld nicht genau treffen, aber sie hat den Vorteil, dass sie relativ übersichtlich für dich ist. Diese Berechnung der Steuerrücklage eignet sich nur für die Soloselbständigen, die bis auf ein paar allgemeine Kosten (Telefon, Bürobedarf, Werbung, Reisen, Arbeitszimmer bis 1.250€) praktisch keine Kosten haben. Davon gibt es aber sehr viele, wie sich gerade im Rahmen der Beantragung der Coronazuschüsse erwiesen hat.

Für die nachfolgende Tabelle gehe ich davon aus, dass du nur Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit hast. Deine gesamte Steuerschuld musst du selbst zurücklegen und über Steuervorauszahlungen an das Finanzamt abführen. In diesem Fall bildest du aus  jedem Euro den du einnimmst eine Rücklage zu einem bestimmten %-Satz.

Wende diese %-Sätze an:

EINNAHMENEinkommensteuerrücklage in %Kirchensteuerpflichtig? Zusätzlich
Bis 11.000 €0 
Bis 22.000 €11%1%
Bis 33.000 €17%1,5%
Bis 44.000 €21%2%
Bis 55.000 €25%2 %
Bis 66.000 €27%3%
Bis 77.000 €30%3%
Bis 100.000 €32%3%

Bei dieser Art der Steuerrückstellung legst du immer direkt von jeder Einnahme, die reinkommt den entsprechenden Prozentsatz zur Seite. Wenn du also mit Einnahmen in Höhe von 33.000 € für das Jahr rechnest, legst du schon für die erste Einnahme von beispielsweise 1.000 € im Januar 170 € für die Einkommensteuer zurück. Nur so kann es funktionieren.

Überraschende Einnahmen im laufenden Jahr: Was tun bei der Steuerrücklage?

Wenn du im Laufe des Jahres feststellst, dass du glücklicherweise wohl doch eher 44.000 € einnehmen wirst, musst du die bislang zu wenig zurückgelegte Steuer mit der nächsten Einnahme nachholen. Beispielsweise hast du bis Juli gedacht, dass du in diesem Jahr nur 33.000 € einnehmen wirst. Bis Juni hast du 20.000 € eingenommen. Als Rücklage hast du entsprechend richtigerweise bislang 3.400 € gebildet. Nun kommt überraschend eine größere Einnahme von 5.000 € und du musst/darfst deine Einnahmenprognose auf 44.000 € für das laufende Jahr erhöhen. In diesem Fall hättest du für die ersten 20.000 € schon 4.200 € zurücklegen müssen. Es fehlen als 800 € in der bisherigen Steuerrücklage. Für die aktuellen Einnahmen von 5.000 € musst du zusätzlich noch 21% zurücklagen, also 1.050 €. Insgesamt musst du also 1.850 € von den 5.000 € der Steuerrücklage zuführen. Ja, das ist schmerzhaft. Aber genau das wird das Finanzamt von dir fordern. Grund dafür ist der progressive Steuertarif.

Steuerrücklage, wenn du die selbständigen Einkünfte nur im Nebenberuf erzielst?

Erzielst du vor allem oder auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, dann sind diese Einkünfte schon der Lohnsteuer unterworfen. Du musst dafür nicht noch einmal eine Steuerrücklage bilden. Für die nebenberuflichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit musst du aber dennoch Geld für die anfallenden Steuern zurücklegen. Hier empfehle ich dir folgende Berechnungsweise:

%-Satz bei nebenberuflichen selbständigen Einkünften

GehaltEinnahmen aus selbständiger TätigkeitEinkommensteuerKirchensteuer
10.000 €11.000 €11%1%
10.000 €22.000 €17%1,5%
10.000 €33.000 €21%2%
10.000 €44.000 €25%2%
    
20.000 €11.000 €17%1,5%
20.000 €22.000 €21%2%
20.000 €33.000 €25%2%
20.000 €44.000 €27%3%
    
30.000 €11.000 €21%2%
30.000 €22.000 €25%2%
30.000 €33.000 €27%3%
30.000 €44.000 €35%3%
    
40.000 €11.000 €25%2%
40.000 €22.000 €27%3%
40.000 €33.000 €35%3%
40.000 €44.000 €40%3%

Sofern dein Gehalt 50.000 € erreicht empfehle ich dir für jeden zusätzlich eingenommenen Euro 42% an Steuerrücklage zu bilden. Beschwerden bitte ans Finanzministerium und nicht an mich.

Bei den von mir vorgeschlagenen Rücklagensätzen gibt es ein paar Unschärfen, aber es handelt sich hier ja auch nur um eine Rücklage, die nur die ungefähre Steuerschuld abbilden soll. Besser ist es auch, wenn die Steuerrücklage eher etwas zu hoch ist als zu niedrig. Sie sollte aber nicht so hoch sein, dass sie dir praktisch die Luft abschnürt. Ich denke, mit den von mir errechneten Prozentsätzen solltet ihr relativ gut in diesem Rahmen liegen. Probiert es mal aus und gebt mir bitte Rückmeldung, welche Erfahrungen ihr damit gemacht habt.

Was tun, wenn du relativ hohe und/oder relativ schwankende Betriebsausgaben hast?

Die in obigen Beispielen von mir errechneten Prozentsätze berücksichtigen nur geringe Betriebsausgaben. Es hat sich in meiner Praxis gezeigt, dass es eine große Anzahl von Soloselbständigen gibt, die im Prinzip nur sehr wenige Betriebsausgaben vorweisen können. Solltest du für die Erzielung deiner Einnahmen erhebliche Ausgaben aufwenden, weil du zum Beispiel etwas produzierst, dann sind diese Prozentsätze für die Steuerrücklage zu hoch. In diesem Fall bleibt dir nichts anderes übrig, als in einer richtigen Finanzplanung den voraussichtlichen Gewinn zu ermitteln und daraus das zu versteuernde Einkommen abzuleiten.

Wie berechnest du die Steuerrücklage beim Splittingtarif?

Um die Sache einfach zu halten, berechnet jeder für sich die Steuerrücklage nach obigem Schema. Nur wenn einer viel verdient und der andere sehr wenig, dann addiert ihr alle Einnahmen zusammen und teilt sie durch zwei. Den sich für dieses Einkommen ergebende Prozentsatz wendet ihr auf jede Einnahme aus selbständiger Tätigkeit an.

Die Steuerrücklagen sind dir zu hoch!

Eine Steuerbelastung von 42% (plus gegebenenfalls Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) ist dir zu hoch, dann solltest du überlegen, dein Unternehmen als GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG) zu führen. Dies ist jedoch nur dann wirklich sinnvoll, wenn du das Geld oder zumindest einen Teil der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nicht für deine laufenden Lebenshaltungskosten benötigst. Eine gewerblich tätige GmbH oder UG unterliegt einer Gesamtsteuerbelastung von ungefähr 30%, also deutlich weniger. Das gilt aber nur dann, wenn der Gewinn in der Kapitalgesellschaft verbleibt. Sofern du deinen Einnahmenüberschuss zur Finanzierung deiner Lebenshaltungskosten über ein Gehalt entnehmen musst, bleibt es bei oben angeführten Einkommensteuersätzen.